1913 Errichtung der ersten Häuser der Spar- und Baugenossenschaft

1913 Errichtung der ersten Häuser der Spar- und Baugenossenschaft

Der Spar- und Bauverein in den 20er und 30er Jahren

Am 24. April 1910 wurde in unserem Ort der Spar- und Bauverein Grüna gegründet. Aufgabe des Vereines war es, der damals „herrschenden Wohnungsnot durch die Errichtung guter, gesunder und billiger Arbeiterwohnhäuser abzuhelfen." In den Jahren 1912/13 hatte der Verein ohne Unterstützung und unter größten Schwierigkeiten seine ersten drei Wohngebäude auf der Bahnhofsstraße (jetzt August-Bebel-Straße) errichtet. Der Ausbruch des ersten Weltkrieges 1914 führte zur Einstellung aller weiteren Bautätigkeit. Auch bis zur Infla-tion 1923/24 war kein Wohnungsbau möglich.

Im Ort hatte sich die Bevölkerung seit der Gründung des Bauvereines um fast 10% erhöht. Die Wohnungsnot war weiter gestiegen und machte sich katastrophal bemerkbar. Die Notwendigkeit, neue Wohnungen zu schaffen, wie auch das positive Beispiel der vor dem 1. Weltkrieg errichteten Wohngebäude führten dazu, dass in der Öffentlichkeit der Genossenschaftsgedanke immer mehr Beachtung und Anklang fand. Auch im Gemeinderat setzte sich eine positive Einstellung zur Tätigkeit des Bauvereins durch. Nachdem die Schwierigkeiten der Inflation überwunden waren und der Bauverein 13700qm Gemeindeland vom einstigen Büttnergut, Bergstraße 7, erworben hatte, konnte mit dem Bau neuer Häuser für die „Siedlung Waldesrauschen" begonnen werden. Am 3. Osterfeiertag 1926 zogen bauwillige Bürger, ausgerüstet mit Schaufeln, Spaten und Hacken auf den Grünaer Berg, um den ersten Spatenstich zu vollziehen. Ohne jede Vergütung setzten sie bei Wochenarbeitszeiten von mindestens 48 Stunden tagtäglich ihre wenige Freizeit für die Erschließung des Geländes und das Ausheben von Baugruben ein. Auch auf Hausgärten für die Mieter wurde großer Wert gelegt. In der Generalversammlung vom 13. September 1926 war angeregt worden, den Wohnungsbau in eigener Regie zu betreiben. Der Versuch gelang. Einige Mitglieder waren Facharbeiter, die Maurer- und Zimmererarbeiten ausführen konnten. 1926 wurden die ersten Häuser auf der Damaschkestraße errichtet. Die Finanzierung erfolgte durch Baudarlehen der Gemeinde Grüna, der Sparkasse Grüna und andere Geldinstitute. Auch die Mitglieder des Vereins, deren Zahl sich aufgrund der regen Bautätigkeit um 39 erhöhte, unterstützten mit Spareinlagen das Bauvorhaben. Die folgenden Jahre brachten eine Aufwärtsentwicklung und Stabilisierung des Genossenschaftswesens. Trotz 1927 einsetzender Preissteigerung auf dem Baustoffmarkt und knapper werdender Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln wurden die vorgesehenen Bauprogramme im Wesentlichen durchgeführt. Insgesamt waren bis Jahresende 1928 26 Häuser mit 52 Wohnungen auf der Damaschke- und Bergstraße fertiggestellt worden. Auch ein weiterer Ausbau der Damaschkestraße einschließlich deren Beschleusung erfolgte. Die Baugenossenschaft hatte damals 228 Mitglieder, von denen 55 mit ihren Familien eine Wohnung erhalten hatten. Zum ersten Mal hielt der Kreisverband der Genossenschaft seine Tagung in Grüna ab - ein Zeichen der Wertschätzung! Eine erneut durchgeführte Wohnungsausstellung wurde von 2000 Personen besucht. Ab 1929 verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage. Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit stiegen in den folgenden Jahren auf ein bislang nie gekanntes Ausmaß. Es gab keine Zuschüsse mehr. Kreditinstitute und Sparkassen schränkten ihre Hypothekenausleihe wesentlich und am Schluß ganz ein. Die Sparkraft der Mitglieder ging erheblich zurück. Trotz starken wirtschaftlichen Rückganges konnte der Spar- und Bauverein noch eine gesunde Weiterentwicklung aufweisen. Weitere Häuser auf der Damaschkestraße und an der Dorfstraße wurden errichtet. Im Wohn- und Geschäftshaus an der Dorfstraße 196 erfolgte der Einbau eines Ladens für eine Konsumverkaufsstelle und im Wohnhaus auf der Damaschkestraße 16 wurden eine Geschäftsstelle sowie ein größerer Raum für eine Wäschemangel und -schleuder eingerichtet. Ein Reichsnotprogramm mit bindenden Vorschriften für den Wohnungsbau, das zur Einschränkung der Erwerbslosigkeit im Baugewerbe von der Reichsregierung aufgelegt wurde, ermöglichte der Genossenschaft, 1930 ein zweites Bauprogramm mit weiteren 20 Wohnungen durchzuführen. Nach den neuen Landesbestimmungen, die die Wohnungsgröße für die nächsten Jahre festlegten, mussten Abstriche von den Idealen einer genossenschaftlichen Wohnkultur gemacht werden. So durfte die Grundfläche von 45 qm für eine Wohnung in der Regel nicht überschritten werden. Die wirtschaftliche Lage der Genossenschaft jedoch ließ es zu, für fast sämtliche Wohnungen des Bauprogrammes eine Kammer zum Schlafen im Dachgeschoß mit einzubauen. Dies war vor allem für Familien mit größeren Kindern erforderlich. 1930/31 entstanden u.a. zwei weitere Wohnhäuser an der Neustädter Straße 17a - d. mit sog. Reichsschlichtwohnungen. Die meisten Bürger waren zu dieser Zeit froh, eine preiswerte Mietwohnung zu erhalten. 1930 wurde der im Jahre 1926 festgelegte Eigenbaubetrieb aufgelöst und der Bau- und Sparverein in eine gemeinnützige Baugesellschaft mbH mit Sitz in Grüna, Damaschkestraße 4, umgewandelt. Die Veränderung erfolgte aufgrund der gestiegenen Verwaltungsarbeit sowie aus Gründen einer besseren Wirtschaftlichkeit und Flexibilität des Unternehmens. 1931 schloß sich die Grünaer Baugenossenschaft mit dem Bauverein Wüstenbrand zusammen. Die Vereinigung erfolgte aus der Erkenntnis heraus, dass eine größere Genossenschaft wirtschaftlich mehr zu leisten vermag und sich besser entwickeln kann als ein kleineres Unternehmen. Der Bauverein Wüstenbrand war 1911 gegründet worden und hatte damals 92 Mitglieder. Er brachte 41 Wohnungen in die Verschmelzung ein. 10 Wohnungen davon waren 1931 gemeinschaftlich mit Grüna errichtet worden. Die Baugenossenschaft fand immer mehr Zuspruch. Die Mitgliederzahl stieg weiter. Im mittleren Ortsteil Grüna wurde Land erworben. Ein neuer Bauabschnitt konnte in Angriff genommen werden. 1931/32 entstanden die ersten Wohngebäude an der Baumgarten- und Lutherstraße. 1933 erfolgte die Umbenennung in „Spar- und Bauverein Grüna und Umgebung". Mit der Errichtung der nationalsozialistischen Diktatur und Gleichschaltung aller Organisationen musste sich auch die Genossenschaft den Zielen und Ideen des Nationalsozialismus anpassen. Das Statut wurde geändert. Es erfolgten Veränderungen im Vorstand und Aufsichtsrat. Der langjährige Vorsitzende Ernst Uhlig musste aufgrund seiner Zugehörigkeit zur SPD sein Amt abtreten. Die Genossenschaft wurde 1934 erneut als gemeinnütziges Wohnungsunternehmen anerkannt. In den Jahren 1933 und 1934 erfolgte aufgrund der Lage auf dem Geldmarkt keine Bautätigkeit. Eine besondere Notlage erlitten erwerbslose Neubaumieter. Bis März 1934 konnten keine Mietbeihilfen gezahlt werden. Ab 1935 wurden weitere Wohngebäude auf der Baumgartenstraße, am Immelmannweg (jetzt Genossenschaftsweg), Pleißaer Straße und Damaschkestraße errichtet. Insgesamt konnten damit 71 Wohnungen für Bürger bereitgestellt werden. Weitere neun Häuser sollten im Frühjahr 1939 begonnen werden in der Nähe des Oberen Bahnhofs Grüna sowie westlich und östlich der Limbacher Straße. Mit Ausbruch des 2. Weltkrieges 1939 endete jede Bautätigkeit. Baustoffe wurden nur noch für Kriegszwecke eingesetzt. Jüngere Bauarbeiter waren in den Krieg eingezogen worden. Die wenigen noch im Ort verbliebenen älteren Bauschaffenden mussten ebenfalls für den Krieg arbeiten. Die erfolgreiche Bautätigkeit der Genossenschaft ging zu Ende.

Christoph Ehrhardt, Ortschronist

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