1939 Brand des Engelmann-Gutes in Grüna

Brand des Engelmann-Gutes in Grüna 

(und etwas zum Landgraben, ein merkwürdig strukturierter Teil am Rande unserer Ortschaften)

Von Ulrich Semmler und Christoph Ehrhardt

Zuerst aber dazu, warum wir diese Thematik aufgegriffen haben und finden, dass sie im Ortschaftsanzeiger Erwähnung finden sollte. Herr Christian Gläser, wohnhaft auf dem Landgraben, mittlerweile 82 Jahre alt und ziemlich krank, ist der Enkel des Grünaer Bauern Theodor Engelmann, dessen Bauerngut am 7. Juni 1939 abbrannte, rief uns an, weil der Brand damals ein „Ereignis“ war und für das Archiv des Ortes erhalten bleiben sollte. Wir haben uns deshalb Anfang Januar bei Gläsers zu Besuch angemeldet.

Ursula und Christian Gläser

Nun zum Engelmann-Gut. Es stand an der Ecke Chemnitzer Straße/ Forststraße, dort, wo sich heute der Netto-Markt mit seinem Parkplatz befindet. Das Gut war damals nach dem Klötzer-Gut das zweitälteste noch erhaltene Bauerngut in Grüna.

Das alte Engelmanngut von der Chemnitzer Straße aus gesehen

Am 7. Juni 1939, als der Bauer sich gerade auf der Rückreise von Leipzig befand, kam es zu einem verheerenden Brand, der die Scheune komplett zerstörte, Wohnhaus und Stall teilweise vernichtete, die Gebäude aber nicht mehr nutzbar machte. Die Brandursache war nicht zu ermitteln. Oder sie sollte nicht bekannt werden, denn es war eine Limousine mit 2 Herren beobachtet worden. Danach brannte es, und der Alarm wurde erst 15 min später ausgelöst. Das Gerücht wurde auch dadurch genährt, dass der Bauer als Mitglied im damaligen Denkmalschutzverein sich einem vom „Verein zur Verschönerung Deutschlands“ eingebrachten Vorschlag zum Abriss des Gutes widersetzte.

 


Während und nach dem Brand

Egal, es ist ein Gerücht. Fakt ist aber, dass es den Engelmanns und deren Tochter Klara Gläser (mittlerweile Besitzerin des Gutes) gelang, die geretteten Tiere im leerstehenden Kellergeschoss unter dem Saal des Hotels Claus unterzubringen. Wo die Familie selbst untergekommen ist, ist nicht mehr bekannt. Den Vorschlag, ein kleines neues Bauernhaus auf der Ruine des alten zu errichten, lehnten die Besitzer ab, sondern sie fassten den Entschluss, auf ihrem Landbesitz auf dem Landgraben neu zu bauen. Schon nach einem Monat, im Juli 1939, wurde die Zufahrt zum neuen Grundstück genehmigt. Man begann mit dem Bau von Stall und Scheune, und schon 6 Monate später, am 24.12.1939, erfolgte der „Umzug“ der Tiere in den neuen Stall.

Bild 4

Der Bauer errichtete für sich in der Futterküche eine provisorische Schlafstatt, um sich vor Ort um die Tiere kümmern zu können. Und nach ca. einem Jahr, Mitte 1940, konnte dann auch die Familie in das neugebaute Bauerngut mit der Adresse Landgraben 240 b umziehen. Eine beeindruckend kurze Zeit von weniger als einem Jahr von Planung bis Fertigstellung! Man stelle sich das einmal übertragen auf die heutige Zeit vor …. Nach 12 Monaten wäre heute vielleicht gerade einmal der Bauantrag unterschrieben. Die Finanzierung des Neubaus erfolgte einerseits durch die ausgezahlte Brandversicherung, andererseits durch Verkauf von Landbesitz.

Das neue Gut, Landgraben 240 b

Das Grundstück, auf dem das abgebrannte Gut stand, wurde an den Bau-und Sparverein Grüna u. Umgebung veräußert, der dann dort eine Kleingartenanlage errichtete, bevor es später Eigentum der Netto-Märkte wurde und damit im Besitz von Edeka ist.

Gottfried Gläser, Christians um 9 Jahre älterer Bruder, und seine Frau Hildegard hatten das Gut später im Besitz, aber dann altersbedingt verkauft. Sein Bruder Christian, 1942 im neuen Gut geboren, hat Traktorist gelernt und bei seinem Bruder und später bei der LPG gearbeitet. Als Familie sind Ursula und Christian Gläser in ein kleineres, älteres Haus auf der gegenüber liegenden Straßenseite eingezogen, das sie vom Vorbesitzer Gruner erworben hatten.

Was wir bei unserem Besuch auf dem Landgraben auch feststellen konnten, ist die besondere Struktur der Gemarkung dieses Ortsteils. Mehrfach wechselt längs der Straße die Flurgrenze zwischen Grüna, Mittelbach (beides heute zu Chemnitz gehörend), Wüstenbrand und Oberlungwitz. Gläsers Haus hat die Adresse Landgraben 239, wo es doch in der Ansiedlung nur sehr wenige Häuser gibt. Der zu Grüna gehörende Teil trägt als Hausnummern noch die alten Nummern des Brandkatasterregisters. Das wurde 1902 bei Einführung von Straßennamen als Hausnummern übernommen. Neubauten dazwischen erhielten dann die Nummernergänzungen A, B, C….Schon Gläsers Nachbarhaus Richtung Westen gehört zur Oberlungwitzer Flur. Dort sind die Häuser von 1 beginnend nummeriert, aber nur auf der südlichen Straßenseite, da die nördliche zu Grüna gehört und damit 200er Nummern trägt. Und Gläsers Nachbarhaus nach Osten gehört bereits zur Mittelbacher Flur. Dort wurden ebenfalls neue Nummern vergeben, beginnend an der Hofer Straße.

Für uns war der Besuch bei Gläsers ein interessanter Einblick in die Geschichte unserer Ortschaften und in die Gemarkung des Landgrabens. Wir bedanken uns bei Ursula und Christian Gläser.

Es gibt sicher noch viele Geschichten aus Mittelbach und Grüna, die nicht in Vergessenheit geraten sollten und im Ortschaftsanzeiger Platz finden könnten. Sprechen Sie uns dazu an, wir nehmen es gern auf.

Dieser Artikel stammt aus dem Ortschaftsanzeiger Grüna / Mittelbach Januar Februar 2025

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