17 Gaststätten in Grüna ...

... gab es im Jahre 1930. Was es damals nicht gab, waren Fernsehen und Internet.
Die ältesten uns vorliegenden Quellen berichten, dass im späten Mittelalter nur eine einzige Wirtschaft (Kretscham) im Ort erlaubt war, welche obendrein nur Chemnitzer Bier ausschenken durfte. Diese Erbschänke war später das Türk-Gut und ist heute unser Folklorehof. 1812 verlegte der Besitzer und Ortsrichter Viehweger seine Schankkonzession auf ein Bauerngut an der Hauptstraße, das später als Fleischers Gasthof bekannt wurde und heute das „KiG“ ist.
Ab 1828 entstanden weitere Einkehrstätten: der Obere Gasthof, das Restaurant „Zum Hirsch“ oder Oberer Hergert, „Stadt Hamburg“ oder Unterer Hergert, und Schönsteins Restaurant „International“. Damals hatten die Gaststätten oft eine Doppelfunktion: Hier wurden auch allerlei Waren verkauft, wie bei Richard Schubert. Eine praktische Kombination war „Gasthof + Fleischerei“, wie im Hotel Claus.
Mit Inkrafttreten der Gewerbefreiheit 1861 nahm die Zahl der „Kneipen“ und der Verkaufsläden zu. Anfang der 1930er Jahre hatte Grüna vier Hotels mit Restaurant und nicht weniger als 17 (!) Gaststätten. Das waren: das Bahnhofshotel („Bahnsteig 4“), an der Chemnitzer Straße Fleischers Gasthof, Jägerschlösschen, Restaurant Gambrinus, Café Michael, Max Lässig in der Turnhalle, Birkenknittel, Hotel Claus und der Obere Gasthof. An der Dorfstraße: Restaurant Näser, Schönsteins Restaurant, „Stadt Hamburg“, Herings Restaurant und der obere Hergert.
Weiterhin die Gartenanlage „Eigener Fleiß“, das Bürgerheim an der Limbacher Straße 6 oder das Restaurant „Bad Grüna“ bzw. Forsthaus, das Unterkunftshaus des Naturheilvereins (später Dachsbaude) an der Pleißaer Straße und das Sportlerheim des „SV Grüna 1912“, schließlich noch der Obere Bahnhof und das Schützenhaus an der Mittelbacher Straße.
Beim Einzelhandel sah das um 1930 ganz ähnlich aus. Es gab 13 Bäckereien, neun Fleischereien, elf Materialwaren-/Kolonialwarenhändler, acht Grünwarenhändler, drei Drogerien und sieben Kohlehandlungen. An zwölf Stellen wurden Textilwaren/Schnittwaren („Meterware“) angeboten, es gab eine Butterhandlung, eine Apotheke, zwei Bierhändler, drei Zigarrengeschäfte (mit Verkauf von Süßigkeiten) und zwei Papierwaren- und Buchhändler. Mehr dem Gewerbe zuzuordnen sind zwölf Schuhmacher, elf Schneider, fünf Fahrradhändler mit Reparaturwerkstatt, sechs Friseure, zwei Gärtner, dazu Transportunternehmen/Taxis, Putzmacherin, Uhrmacher, Wäscherei, Wäschemangel ... Und alle Geschäfte konnten davon leben.
Nach dem 2. Weltkrieg wurde 1945 der Konsum wiederbelebt und 1948 die Handelsorganisation (HO) gebildet. HO-Lebensmittelläden in Grüna gab es auf der Chemnitzer Straße 134, an der Limbacher Straße 2 und im stillgelegten Restaurant des Hotels Claus (der Saal diente bereits als Lager für Textilwaren). Aus der Wolf-Fleischerei (Chemnitzer/Ecke Forststraße) wurde eine HO-Fleischerei.
Auch kleine Privatläden versorgten die Grünaer noch mit Lebensmitteln und Haushaltwaren, doch einer nach dem anderen schloss aus Altersgründen und ohne Nachfolger. Einen nochmaligen Umbruch gab es ab 1990, mit dem Einzug der westdeutschen Handelsketten mit ihren Supermärkten und dem ersehnten Westwaren-Komplettsortiment – das allerdings auch manchmal nachdenklich macht mit der Frage: Muss das wirklich alles sein?