Wer frisst im Wald die Fichten auf

Borkenkäfer oder Wer frisst im Wald die Fichten auf?


Im Wald knuspert es. Es rieseln hier und da Nadeln herab und aufgeregte Spechte beklopfen die Bäume von der Krone bis zur Wurzel. Braunes Bohrmehl lagert sich langsam auf allen Rindenschuppen und Ästchen sowie den Wurzelanläufen am unteren Baumstamm ab. Und die Baumkronen bekommen Nadelausfall.

Kein Zweifel, der Fichte geht es gerade richtig schlecht. Mit einem Flach-Wurzelsystem ausgestattet, wächst sie auf einem völlig ausgetrockneten Waldboden. Keine Regenwolke in Sicht. Seit Monaten. Die wenigen Gewitter ziehen vorbei oder entlassen ihre Wasserfracht in solchen Platzregen, dass die Wassermasse sogleich abfließt statt langsam in den Waldboden einzusickern. Das Wetter bringt die Fichten zum Verdursten!

100 Jahre hat die alte Fichte auf dem Buckel, nun ist ihre Zeit gekommen. Nein, nicht weil der Förster den Baum fällen und sein Holz verkaufen will, sondern weil er den Baum fällen muss, da dieser unheilbar krank ist.


Wie ein äußerst ansteckender Virus hat der Buchdrucker (Ips typographus) die geschwächte Fichte befallen. Das Männchen hat sich erfolgreich eingebohrt und seine „Rammelkammer“ gefressen, in der die Paarung mit zwei bis vier Weibchen erfolgt, die es mit seinen Pheromonen, speziell für Borkenkäfer-Weibchen interessanten Duftstoffen, anlockt. Diese fressen nach der Paarung je einen Muttergang senkrecht in die Rinde, entweder nach oben in Richtung Krone oder nach unten in Richtung Wurzeln. Das dabei anfallende braune Rindenmehl werfen sie aus dem Einbohrloch und es rieselt den Stamm herunter. Kurze Zeit später beginnen aus den gelegten Eiern die Larven zu schlüpfen und fressen waagerechte Gänge in die Rinde. Dabei wird die Rindenschicht, die der Baum zu Wasser- und Nährstoff-Transport nutzt, völlig zerfressen und zerstört. Im Ergebnis wird die alte Fichte sterben.

Der Förster hat den Befall entdeckt und die Bäume gekennzeichnet. Wenige Tage später dröhnt die Motorsäge im Wald, schwere Maschinen bergen die Stämme und am Wegrand stapelt sich das Holz. Ganze Holzberge. Denn der Befall im Wald ist groß. Ohne Ansehen des Besitzes ist Staatswald und Privatwald betroffen, Kirchenbesitz oder Wald von Stiftungen muss Käferfraß erleiden.

Arbeiten Waldbesitzer den befallenen Bereich nicht restlos auf, gelangen die Käferlarven zur vollständigen Entwicklung und fliegen aus den befallenen Stämmen aus, um sich in bisher nicht betroffene Bäume einzubohren. Aus einem Weibchen werden so nach acht bis zwölf Wochen ca. 900 (oder mehr) und diese können bis zu 27.000 Nachkommen haben (oder mehr). Wenn also in unserer alten Fichte 5000 Käfer ausschlüpfen konnten, können in diesem Jahr daraus 4.500.000 Käfer werden. Und es sind hunderte Bäume befallen.

Kein Wunder, dass es der Specht nicht schafft, die Borkenkäfer aus dem Holz und der Rinde heraus zu meißeln. Der Mensch muss dem Wald helfen, da dieser sich nicht selbst helfen kann. Zwingend muss das befallene Holz eingeschlagen und schnellstens entweder abgefahren oder verkauft oder gegen den Borkenkäfer mit speziellen Mitteln behandelt werden.

Haben Sie Fragen zum Borkenkäfer oder zur Notwendigkeit der Vorsorge im Wald, informieren Sie sich bitte auch unter https://www.sbs.sachsen.de/download/sbs/44_Borkenkaefer.pdf

Ullrich Göthel,

Forstoberinspektor,

Leiter Forstrevier Grüna im Staatsbetrieb Sachsenforst

Dieser Artikel stammt aus dem Ortschaftsanzeiger Grüna / Mittelbach Oktober 2018

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