Im Gespräch: Heinz Ulrich

Als Lehrer für Kunsterziehung an der Polytechnischen Oberschule in Grüna und danach an der Fachschule für Kindergärtnerinnen in Waldenburg, als Mit-Organisator von Wanderungen der Sektion für Touristik der BSG Motor Grüna (jetzt Natur- und Wanderverein Grüna e.V.) und als ehemaliger Koordinator von Wanderungen im Bezirk Karl-Marx-Stadt kennen ihn nicht nur viele Grünaer. Gern hat er auch mit DIA-Vorträgen im Folklorehof oder vor Schulklassen die Besucher an seinen Erlebnissen und Eindrücken von Reisen teilnehmen lassen und seine Erkenntnisse vermittelt. Anlass für uns für ein

Gespräch mit Heinz Ullrich

Was lernen nach acht Schuljahren – damals im Jahr 1948? Seine Eltern meinten, Dekomaler sei das Richtige für ihn. Die Volkshochschule bot Kurse, um sich die Grundlagen für sein Hobby, das „richtige“ Malen, anzueignen. Heinz Ullrich war schon immer wissbegierig, neugierig und gründlich, Eigenschaften, die er in seinem späteren Beruf als Lehrer brauchte, die er sich bis zur Gegenwart erhalten hat und die ihn bei seinen Reisen immer von Nutzen waren.

Bleiben wir in seiner Jugend. Die Weltfestspiele 1951 in Berlin mit Abstecher nach Westberlin und den ersten Western-Filmen beeinflussten seine Berufslaufbahn zunächst. Mit dem Gesellenbrief kündigte er seiner Lehrfirma und ab ging es nach Berlin. Eine Bleibe fand er am Stadtrand von Berlin, arbeitete als Maler. Obwohl im Westteil Berlins Maler gesucht wurden, war es für ihn und seinen Kumpel nicht einfach, einen Job zu finden. Nach einem Monat war der Auftrag abgearbeitet, er musste gehen – seine erste Erfahrung mit dem kapitalistischen System. 1953 stand fest, er kommt zurück nach Grüna, wo er inzwischen seine Ursula kennen- und lieben gelernt hatte.

Als 1958 „Werktätige mit Lebenserfahrung“ gesucht werden, um nach einer Ausbildung als Neulehrer eingesetzt zu werden, bewarb er sich. Nach zwei Jahren Lehrerstudium unterrichtet er die Grundschüler in Grüna im Fach Kunsterziehung, absolvierte erfolgreich das dritte Studienjahr im Fernstudium. Ein weiteres Studienjahr in Erfurt und er konnte Kunsterziehung bis zur 12. Klasse unterrichten. Er blieb in Grüna, setzte durch, dass ein Zeichenzimmer eingerichtet wird. „Es hat mir immer viel Freude gemacht, den Kindern Neues zu vermitteln, mit ihnen Ausstellungen ihrer Arbeiten vorzubereiten oder Kinder schon im Vorschulalter zum Malen oder für andere künstlerische Beschäftigungen anzuregen.“

Als an der Fachschule für Kindergärtnerinnen in Waldenburg ein Lehrer für Kunsterziehung gesucht wurde, sagte er zu, gab sein Wissen an …zig Erzieherinnen aus dem Bezirk weiter und blieb dort bis zur Auflösung der Schule. Das ehemalige Lehrerseminar wollten die früheren Besitzer zurück haben, jetzt befindet sich dort das Euro-Gymnasium. Mit 63 Jahren ging Heinz Ullrich in Rente, hatte nun mehr Zeit für seine Hobbys, zu denen Malen weiterhin gehört. So hat er z.B. in einem Malzirkel, den der Gersdorfer Maler Heinz Tetzner leitete, viel dazu gelernt.

Wie passen Kunsterziehung und Touristik zusammen? „Als ich mich 1958 für das Lehrerstudium beworben habe, machte es sich gut, gesellschaftlich aktiv zu sein, zumal ich keiner Partei angehörte. Also meldete ich mich in der Sektion für Touristik an. Richard Hecht, Lena Dietze (Lansky), Irma Frenzel, Georg Rothenburger … sind Namen, die bis heute in Grüna bekannt sind. Gemeinsam waren wir und andere zu Fuß oder per Rad in der DDR oder auch in Tschechien unterwegs, in kleineren Gruppen auch weiter:“ Mit Touristengruppen vorgegebene Wege zu beschreiten, war ja nicht sein Ding. So fuhren sie mit dem Zug bis Sofia und die Strecke zurück auf dem Fahrrad – um Land und Leute und ihre Kultur besser kennenlernen. In Bulgarien erfuhren sie von Studenten auch den Einreise-Trick für die Sowjetunion.
Heinz Ullrich – dieses Foto entstand während einer Wanderung in Peru 

„Wir besorgten uns Papiere für eine Flugreise nach Sotschi und die Weiterreise von Sotschi nach Rumänien. Mit dem Rucksack und der Einreise-Bestätigung des Zolls ging es zum Fahrkartenschalter am Bahnhof und dann – nach Osten, Richtung Kaukasus. Uns interessierten die dort lebenden nationalen Minderheiten mit ihrer Kultur. Einmalig z.B. die Wohntürme in Swanetien, einem Bergvolk im Kaukasus, wo die Wohnungen nur über Leitern zu erreichen sind. Die fortwirkende Blutrache zwischen Familien (noch in den 80er Jahren!) veranlasste die Bewohner, die Leiter abends hochzuziehen. Wir hatten keine Bedenken, dass uns etwas zustoßen könnte, haben im Freien übernachtet. Das waren Reisen voller Dramatik, wunderbaren Naturerlebnissen, geschichtsträchtige Gegenden und einer herzlichen Gastfreundschaft.“ Heinz Ullrich schwärmt von seinen Touren durch Georgien mit Tbilissi, durch Usbekistan mit Samarkand…

Noch zu DDR-Zeiten durfte er zum 65. Geburtstag seines Bruders in die BRD reisen. Dort sagte er „guten Tag“ und „herzlichen Glückwunsch“ und weg war er: nach Paris, mit dem Rucksack und wenig Geld. Schlafen im Park an einer U-Bahn-Endstelle, waschen im Springbrunnen, wenig essen – Paris mit den Zeugen seiner Geschichte und seiner vielfältigen Kultur zu erleben war ihm wichtiger als Komfort. Er ahnte ja nicht, dass es bald Reisemöglichkeiten überall hin geben würde.

Er nutzte diese – er wanderte auf den Spuren der Inkas in Peru, besuchte Mexiko, Kanada, die USA, weilte in Nepal, vier Wochen in Kalkutta und im Frühjahr 2012 wieder in Indien. In vielen Jahren hat er mit DIA-Vorträgen und Ausstellungen versucht, andere an seinen Eindrücken und Erlebnissen teilhaben zu lassen. Bei den vielen schönen Naturerlebnisse und unterschiedlichen Kulturen hat er nicht die Augen vor der Not vieler Menschen, vor allem von Kindern, verschlossen. Deshalb bat er bei seinen Vorträgen um Spenden für UNICEF, um weltweite Hilfsprojekte zu unterstützen.

Von seinen strapaziösen Radtouren ohne Begleitung erzählt er uns zuletzt. Flug nach Bulgarien mit Rucksack und dem Fahrrad, Übersetzen in die Türkei und dort der Küste entlang bis Antalya. Das folgende Jahr Flug bis Antalya, von dort wieder per Rad durch Syrien nach Israel bis Jerusalem. Der 3. Teil heißt spanische Mittelmeerküste, übersetzen nach Marokko, weiter über Algerien, Tunesien  und Libyen bis Bengasi. „Überall wurde akzeptiert, dass ich mit dem Fahrrad das Land erkunden wollte. Mein Treckingrad – insgesamt habe ich zwei Räder verbraucht – trug nicht nur mich, sondern auch ca. 30 kg Gepäck. Tagestouren von 90 bis 130 km waren die Regel, ebenso das Übernachten im Freien abseits der Straßen z.B. in den Dünen. Bei diesen Anstrengungen brauchte ich auch keine Sorge wegen meines Diabetes zu haben.“ Ob er die Lücke zwischen Bengasi und Jerusalem noch per Fahrrad erkunden kann, ist noch nicht entschieden, immerhin wird er kommendes Jahr schon 80 und Begleitung hat er für solche anstrengenden Touren bisher nicht gefunden. Und friedlich ist es gegenwärtig dort auch nicht immer.

Den Grünaer Touristen ist er über all die Jahre verbunden geblieben. So geht z.B. das Wissens-Toto zu den Grünaer Wandertagen auf seine Initiative zurück – auch für den 39. Wandertreff hatte er die Fragen ausgearbeitet. Er ist auch oft mit Chemnitzer Wanderfreunden in der Umgebung unterwegs.

„Es ist interessant, die Kulturen anderer Völker kennen zu lernen, von Menschen angesprochen und zum Teil in ihr Zuhause eingeladen zu werden sogar bei ihnen zu übernachten – aber wenn ich drei oder vier Wochen unterwegs bin, sehne ich mich zurück nach Hause. Ich finde, am schönsten ist es in Grüna und im Erzgebirge.“

Ein schönes Fazit für unser Gespräch mit dem unternehmungslustigen und wissbegierigen Grünaer Heinz Ullrich, für das sich Bernd Hübler und Gerda Schaale bedanken. Wir wünschen beste Gesundheit und viele schöne Erlebnisse in nah und fern.

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