Langjähriger Familienbetrieb: Schuhmachermeister Neubert

Langjährige Familienbetriebe in unseren Ortsteilen

Schuster, bleib bei deinen Leisten!

Wäre schön, wenn es noch lang so bliebe! Aber Schuhmachermeister Andreas Neubert, unser einziger in Grüna und Mittelbach verbliebener Schuster, ist 1951 geboren. Noch denkt er nicht ans Aufhören. Leider, wie er uns erzählt hat, gibt es im Schuhmacherhandwerk (wie eigentlich in den meisten traditionellen Gewerken) keinen Nachwuchs. Und sein Sohn und vermutlich auch seine Enkel werden wohl nicht in das Geschäft einsteigen. Irgendwann werden die Grünaer und Mittelbacher wohl ihre Schuhe zu Dienstleistern in den Einkaufszentren zur Reparatur geben müssen. Und ob das dann in der uns bekannten Qualität und vor allem zu solch moderaten Preisen wie bei Andreas Neubert erfolgt …? Und der Begriff Schuster wird oft im Sinne von „schnell zusammengefriemelt“ verwendet, was zumindest bei Herrn Neubert überhaupt nicht zutrifft. Denn einen guten Handwerker zeichnet gerade aus, dass er bei schwierigen Aufgaben an einer Lösung „friemelt“ und die dann auch findet.


Drei Schumachermeister Neubert: Max mit Frau Toni, Gerhart mit Frau Ingeburg und Andreas

Das Schumachergeschäft Neubert gibt es seit 1921 und gehört damit zu den ältesten Geschäften in Grüna. Diese Jahr, konkret am 19.7. 2021, ist es genau 100 Jahre alt. Gegründet wurde es durch Andreas’ Großvater Max Neubert, damals noch gegenüber dem heutigen Geschäft in der Chemnitzer Straße 97. Das jetzige Haus Chemnitzer Str. 112 erwarb Max Neubert 1928 aus dem Konkurs der Schmiede Domann.



Das Haus Chemnitzer Straße 112 im Jahre 1860 und heute

Max führte das Geschäft bis zu seinem Tod 1963, dann übernahm Sohn Gerhart bis zum 31.1.1991. Mit dem 1.2.1991 ist nunmehr Andreas Neubert der Inhaber (der also 2021 neben dem 100-jährigen Geschäftsjubiläum auch noch ein kleines 30-jähriges feierte bzw. feiert). Übrigens, Gerhart Neubert war berühmt, dass er gern an Lösungen friemelte (im positiven Sinn des Wortes). Und bei seinem Sohn Andreas hat sich das fortgesetzt.


Die Meisterbriefe von Max (1924) und Andreas Neubert (1977)

Auch in der Zeit der DDR war das Schumachergeschäft durchweg privat, lediglich der Schuhverkauf musste seit Anfang der 60er Jahre als Kommissionshandel geführt werden.

Zu DDR-Zeiten waren übrigens die Preise für Schuhmacherleistungen detailliert festgelegt, wie der Ausschnitt einer Preistafel von 1962 zeigt. Je nach Stadt- bzw. Gemeindegröße waren die Preise gestaffelt. Grüna gehörte zur Ortsklasse B, Mittelbach wäre auf Grund seiner Größe C gewesen.


Mit der Währungsunion 1990 stiegen die Neuberts aus dem Kommissions-Vertrag aus. 1996, also zum 75. Geschäftsjubiläum, erfolgte dann eine Modernisierung des Ladens zur heutigen Form. Sohn René, der damals eine Lehre zum Bauarbeiter machte, baute fleißig mit. Heute hat er ein eigenes Baugeschäft, wohl der Grund, dass er als Nachfolger für das Schuhgeschäft nicht in Frage kommt.


Vater und Sohn bei den Umbauarbeiten 1996

Zurück zum jetzigen Geschäftsinhaber. In der Schule hatte er als Junge so manche Idee, was er mal werden möchte – Zirkusdirektor, Seemann, …, aber dann machte er doch eine Schumacher-Lehre, stieg ins Geschäft seines Vaters ein und bestand dann 1976 seine Meisterprüfung. Das Hauptgeschäft ist heute der Verkauf von Herren- und Damenschuhen, besonders aber der Handel mit Hausschuhen. Dann sind noch die Reparaturarbeiten. Andreas könnte auch maßgeschneiderte Schuhe anfertigen (über einem Leisten mit vorheriger Anfertigung desselben), aber dann, rechnet man die Arbeitsstunden, kommen schnell 1000 und mehr Euro zusammen. Dafür gibt es hierzulande kaum Kunden. Andreas Neubert zeigt in dem Bild übrigens einen Leisten. Aber wer unserer Kinder und Enkel kennt dieses Schuster-Hilfsmittel heute noch?


Und außer der „Schusterei“ ist Andreas Neubert schon viele Jahre beim Faschingsklub und beim Posaunenchor aktives Mitglied. Er und wir alle wünschen uns, dass die durch Corona erzwungene Pause bald zu Ende ist.

Wir gratulieren Andreas Neubert schon einmal zum kommenden 100-jährigen Geschäftsjubiläum am 19. Juli, danken ihm für das nette Gespräch und wünschen uns im Namen aller Grünaer und Mittelbacher Einwohner, dass er noch lange gesund „bei seinen Leisten bleibt“.

Bernd Hübler und Ulrich Semmler

Dieser Artikel stammt aus dem Ortschaftsanzeiger Grüna / Mittelbach Juni 2021

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